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Was Sie über die Bestehens- und Notengrenzen wissen sollten

zur Ermittlung von Bestehens- und Notengrenzen schriftlicher Prüfungen nach ÄAppO, AAppO , PsychTh-APrV und KJPsychTh-APrV

Unmittelbar nach der Veröffentlichung der Ergebnisse schriftlicher Prüfungen auf der IMPP-Homepage erhalten die PrüfungsteilnehmerInnen ihre individuellen, vom IMPP erstellten Ergebnisunterlagen (eine „Ergebnismitteilung“ sowie eine „Antwortübersicht“) durch das zuständige Landesprüfungsamt. In der persönlichen Ergebnismitteilung wird bekanntlich die von jedem/er Kandidaten/in erreichte Punktzahl (absolut und prozentual), die Note der schriftlichen Prüfung sowie die durchschnittliche Punktzahl aller Prüfungskandidaten (absolut und prozentual) ausgewiesen. Weiterhin enthält die Ergebnismitteilung die für das Bestehen der Prüfung erforderliche Punktzahl (Bestehensgrenze) sowie die Punktzahlintervalle, denen die weiteren Examensnoten zugrunde liegen.
Hin und wieder erreichen uns im IMPP Anfragen bzw. Beschwerden von PrüfungskandidatInnen bezüglich ihrer Examensnoten, die Missverständnisse hinsichtlich der Bestimmungen von Approbations-/Prüfungsordnungen für die Ermittlung von Notengrenzen aufzeigen. Dies ist erfahrungsgemäß umso häufiger der Fall, wenn:

  • die für das Bestehen der Prüfung erforderliche Punktzahl sich an der durchschnittliche Prüfungsleistung aller TeilnehmerInnen (beim Ersten und Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung an der durchschnittlichen Prüfungsleistung der ErstteilnehmerInnen mit der Mindeststudienzeit, der sog. Referenzpopulation) orientiert, und/oder
  • bei der Ermittlung von Notengrenzen – gemäß Vorgaben von Approbations-/ Prüfungsordnungen - von einer verminderten Anzahl von Prüfungsaufgaben auszugehen ist (Aufgabeneliminierungen)

Im Folgenden wird auf die wichtigsten dieser Missverständnisse eingegangen und erläutert, wie die Bestehens- und Notengrenzen schriftlicher Prüfungen ermittelt und die individuellen Examensleistungen in Gestalt von Noten festgelegt werden.

Die Bestehensgrenzen sind in der jeweiligen Approbations- bzw. Prüfungsordnung eindeutig definiert


Die Mindestanzahl der für das Bestehen einer schriftlichen Prüfung erforderlichen richtig beantworteten Prüfungsaufgaben ist in der jeweiligen Approbations- bzw. Prüfungsordnung wie folgt definiert:

  • Erster und Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung:mindestens 60 % der Prüfungsfragen oder nicht weniger als 78 % der durchschnittlichen Prüfungsleistung der Referenzgruppe (ÄAppO, §14, Abs. 6)
  • Erster Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung: mindestens 50 % der Prüfungsaufgaben jedes der vier Prüfungstage oder nicht weniger als 82 % der durchschnittlichen Prüfungsleistung aller Prüfungsteilnehmer (AAppO. § 10. Abs. 5)
  • Prüfungen nach dem Psychotherapeutengesetz: mindestens 60 % der Prüfungsaufgaben oder nicht weniger als 88 % der durchschnittlichen Prüfungsleistung aller Prüfungsteilnehmer (PsychTh-APrV, KJPsychTh-APrV; § 16, Abs. 4)

 

In der Praxis der Prüfungsauswertung werden für jede schriftliche Prüfung die beiden Zahlenwerte - sowohl der aufgabenzahlbasierte, als auch der mittelwertorientierte Zahlenwert – ermittelt. Der kleinere Zahlenwert bestimmt dann die Bestehensgrenze der Prüfung.

Liegt einer Examensauswertung die volle Anzahl der Prüfungsaufgaben zugrunde, so ergibt sich für die aufgabenzahlbasierte Bestehensgrenze eine ganze Zahl. Diese ist bekanntlich 192 für die Ärztlichen Prüfungen, jeweils 50 bzw. 40 für die Prüfungen am ersten und zweiten respektive am dritten und vierten Tag des Ersten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung, sowie 48 für die Prüfungen nach dem Psychotherapeutengesetz.

Die durchschnittlichen Prüfungsleistungen aller Prüfungsteilnehmer bzw. die der Referenzgruppe sind selten ganze Zahlen. Dies sei am Beispiel der Medizin erläutert: Angenommen, die Referenzpopulation erbringt bei dem aus 320 Aufgaben bestehenden Examen eine durchschnittliche Prüfungsleistung von 243,98, so ergibt sich als mittelwertorientierte Bestehensgrenze der Zahlenwert 190,3044 (243,98 ∙ 0,78 = 190,3044; der Faktor 0,78 ergibt sich daraus, dass die Prüfung bestanden ist, wenn mindestens 60 % der Prüfungsfragen gelöst wurden oder nicht weniger als 78 % der durchschnittlichen Prüfungsleistung der Referenzgruppe erbracht wurde). Die Prüfung ist in diesem Fall nach den Bestimmungen der ÄAppO mit 191 (und nicht mit 190) richtig beantworteten Aufgaben bestanden.

Wie ergibt sich nun dieser Zahlenwert 191? Um gleich an dieser Stelle auf das häufigste Missverständnis hinzuweisen: Die Zahl der richtig zu beantwortenden Prüfungsaufgaben von 191 ergibt sich keineswegs aus einer Aufrundung des Zahlenwertes 190,3044; dieser Wert wird weder abgerundet noch aufgerundet!

Vielmehr erfüllt 191 – und nicht 190 – die in der ÄAppO geforderte Bedingung, nicht mehr als 22 % von der durchschnittlichen Prüfungsleistung der Referenzpopulation abzuweichen. Die Zahl 190 dagegen weicht um 22,13 % - und damit um mehr als 22 % von diesem Durchschnittswert (der in obigem Beispiel mit 243,98 angenommen wurde) ab.

Die Bestehengsgrenzen bei Aufgabeneliminierungen werden differenziert ermittelt

Laut ÄAppO, AAppO, PsychTh-APrV und KJPsychTh-APrV sind Prüfungsaufgaben, die sich im Zuge einer Überprüfung als fehlerhaft erweisen, bei der Feststellung des Prüfungsergebnisses nicht zu berücksichtigen (Aufgabeneliminierung). Bei der Bewertung der schriftlichen Prüfung ist demnach von der verminderten Zahl der Prüfungsaufgaben auszugehen und sicherzustellen, dass sich diese Verminderung nicht zum Nachteil eines Prüflings auswirkt.

Dieser Bestimmung der Approbations- bzw. Prüfungsordnungen wird in der Praxis dadurch Rechnung getragen, dass für alle Prüfungsteilnehmer, die bei der/en eliminierten Aufgabe/n eine der anerkannten Lösungen gewählt haben, diese zutreffenden Antworten im Rahmen der Vergleichsberechnung in die Bewertung einbezogen werden (Vergleichsberechnung zum Nachteilsausgleich). Bei Teilnehmern mit einer falschen Antwort bei einer eliminierten Aufgabe wird von einer entsprechend reduzierten Aufgabenzahl ausgegangen. Somit entsteht keinem/r Prüfungsteilnehmer/in ein Nachteil durch die Eliminierung von Aufgaben. Allerdings hat dies zur Folge, dass für einzelne oder Gruppen von Prüflingen – je nachdem, ob bzw. wie viele der eliminierten Aufgaben sie jeweils zutreffend beantwortet haben – unterschiedliche Aufgabenzahlen und u. U. unterschiedliche Bestehensgrenzen gelten.

Liegt dem Prüfungsergebnis eine verminderte Anzahl von Prüfungsaufgaben zugrunde, so ergibt sich u. U. auch für die aufgabenzahlbasierte Bestehensgrenze ein Zahlenwert mit einer Dezimalstelle. Auch in diesem Fall gilt dieselbe, oben beschriebene Regelung zur Bestimmung der jeweiligen Bestehensgrenze. Nicht die unterhalb sondern die oberhalb des ermittelten Zahlenwertes liegende ganze Zahl von Prüfungsaufgaben erfüllt die Mindestbedingung von 60 bzw. 50 % der zutreffend zu beantwortenden Prüfungsaufgaben.

Die Ermittlung von mittelwertbasierten Bestehensgrenzen gestaltet sich noch variantenreicher, wenn bei einer Prüfung die fehlerhaften Aufgaben aus der Wertung genommen werden. Hier ergeben sich für einzelne oder Gruppen von Prüflingen unterschiedliche Bestehensgrenzen je nachdem, wie viele und welche der eliminierten Aufgaben sie zutreffend beantwortet haben. Weil die eliminierten Prüfungsaufgaben unterschiedliche Schwierigkeiten aufweisen, variiert der für die Bestimmung der Bestehensgrenze ausschlaggebende Mittelwert der Gesamt- bzw. Referenzpopulation dahingehend, welche Aufgabe jeweils zu dessen Ermittlung miteinbezogen wird (s. folgendes fiktives Rechenbeispiel).

Unterschiedliche Bestehensgrenzen bei gleicher Aufgabenzahl?!

Angenommen es werden beim ersten Tag der Pharmazeutischen Prüfung mit 100 Prüfungsfragen und 1000 Prüfungsteilnehmern drei Aufgaben eliminiert. Zur Auswertung der Prüfung und Ermittlung der Bestehensgrenze wird dann von 97 Prüfungsfragen ausgegangen:

  • Zahlenwert der aufgabenzahlbasierten Bestehensgrenze: 97 ∙ 0,50 = 48,5
  • aufgabenzahlbasierte Bestehensgrenze: 49

 

Zur Ermittlung der mittelwertorientierten Bestehensgrenze gehen wir in diesem fiktiven Fall davon aus, dass die Summe der Prüfungsleistungen aller 1000 Teilnehmer (mit je einem Punkt für jede richtig gelöste Aufgabe) 58161 beträgt. Für die durchschnittliche Prüfungsleistung aller Teilnehmer und der laut AAppO erforderlichen 82 % dieses Durchschnitts ergeben sich die folgenden Werte:

  • durchschnittliche Prüfungsleistung aller Teilnehmer: 58161 : 1000 = 58,161
  • Zahlenwert der mittelwertorientierten Bestehensgrenze: 58,161 ∙ 0,82 = 47,69202
  • mittelwertorientierte Bestehensgrenze: 48

Für alle Prüfungsteilnehmer, die keine der eliminierten Aufgaben zutreffend beantwortet haben, gilt somit die Bestehensgrenze 48. Für alle anderen Teilnehmer, die bei einer, zwei oder allen drei der eliminierten Aufgaben eine vertretbare Lösung gewählt haben, werden diese Antworten im Rahmen der Vergleichsauswertung zur Bestimmung der Bestehensgrenze berücksichtigt.

Haben beispielsweise zwei Kandidaten „Alter“ und „Ego“ je eine, jedoch jeweils eine andere der eliminierten Aufgaben (beispielsweise „Alter“ die Aufgabe Nr. 98 und „Ego“ die Aufgabe Nr. 100) zutreffend beantwortet, so gestaltet sich die Vergleichsauswertung für die diese zwei Kandidaten (und alle andere Kandidaten mit einer dieser zwei Konstellationen) wie folgt, wenn die Aufgabe Nr. 98 von 900 und die Aufgabe Nr. 100 von 300 der insgesamt 1000 Kandidaten zutreffend beantwortet wurde:

 


Durchschnittliche Prüfungsleistung aller Teilnehmer:

Für „Alter“) (58161 + 900) : 1000 = 59,061

Für „Ego“) (58161 + 300) : 1000 = 58,461

Der Zahlenwert der mittelwertorientierten Bestehensgrenze:

Für „Alter“) 59,061 ∙ 0,82 = 48,43

Für „Ego“) 58,461 ∙ 0,82 = 47,94

Die jeweils oberhalb dieser Zahlenwerte liegende ganze Aufgabezahl ist die für den jeweiligen Kandidaten gültige Bestehensgrenze (49 für den Kandidaten „Alter“ und 48 für den Kandidaten „Ego“).

Somit ergeben sich für zwei Kandidaten mit der gleichen Aufgabenzahl (jeweils 98) unterschiedliche Bestehensgrenzen, und zwar aufgrund der Tatsache, dass die jeweils zusätzlich zu berücksichtigende, zutreffend beantwortete Aufgabe unterschiedliche Schwierigkeiten aufweist. Folglich: Für den Kandidaten „Alter“ gilt eine höhere Hürde die Prüfung zu bestehen als für den Kandidaten „Ego“, weil der letztere (Kandidat „Ego“) eine schwierigere Aufgabe zusätzlich zutreffend beantwortet hat als der erstere (Kandidat „Alter“).

Die Untergrenzen für die übrigen Noten sind ebenfalls in den Approbations- bzw. Prüfungsordnungen klar definiert

Bei der bisher beschriebenen Bestehensgrenze, handelt es sich bekanntlich um die untere Grenze der Bewertung „ausreichend“ (Note 4). Die unteren Grenzen der übrigen Examensbewertungen sind ebenfalls in der jeweiligen Approbations- bzw. Prüfungsordnung eindeutig geregelt:

Hat ein Prüfling die für das Bestehen der Prüfung erforderliche Mindestzahl zutreffend beantworteter Prüfungsfragen erreicht, so lautet die Note

  • "sehr gut", wenn er mindestens 75 Prozent,
  • "gut", wenn er mindestens 50, aber weniger als 75 Prozent,
  • "befriedigend", wenn er mindestens 25, aber weniger als 50 Prozent,
  • "ausreichend", wenn er keine oder weniger als 25 Prozent der darüber hinaus gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat.
  • Die ÄAppO, AAppO, PsychTh-APrV und KJPsychTh-APrV regeln darüber hinaus, mit welcher Anzahl von richtig beantworteten Fragen die Prüfungsleistung als „nicht ausreichend“ und – im Falle der psychotherapeutischen Prüfungen – als „mangelhaft“ zu bewerten ist.

Der Ausgangspunkt zur Ermittlung der unteren Grenzen übriger Bewertungen ist somit die Mindestanzahl der erforderlichen richtig beantworteten Fragen zum Bestehen des Examens (Bestehensgrenze). Auch bei der Bestimmung der hier festgelegten Prozentsätze der über die Bestehensgrenze hinausgehenden Aufgabenzahl ergeben sich nicht selten Zahlenwerte mit Dezimalstellen. Auch hier gilt die oben beschriebene Regelung, dass stets die oberhalb des ermittelten Zahlenwertes liegende ganze Zahl die Bedingung erfüllt, mindestens um den vorgeschriebenen Prozentsatz mehr richtig beantworteter Aufgaben zu repräsentieren, die über die Bestehensgrenze hinausgehen.

So ergeben sich bei der Ermittlung von Notengrenzen schriftlicher Prüfungen mit verminderter Anzahl von Aufgaben – insbesondere, wenn die mittelwertbasierte Bestehensgrenze zum Tragen kommt – Konstellationen, bei denen für Kandidaten mit gleicher Aufgabenzahl unterschiedliche und/oder für Prüflinge mit unterschiedlichen richtig beantworteten Aufgaben die gleichen Notengrenzen gelten. Dieser Sachverhalt ist die Quelle eines weiteren Missverständnisses: Die (Ir)relevanz des Anteiles richtig beantworteter Fragen für die individuelle Prüfungsnote.

Der Prozentsatz richtig beantworteter Prüfungsaufgaben ist für die individuelle Note nicht ausschlaggebend

Die Anwendung der bisher dargestellten Regeln zum Nachteilsausgleich zeigt, dass die Bewertung der individuellen Prüfungsleistung einer/eines jeden Kandidatin/Kandidaten davon abhängen kann, nicht nur wie viele, sondern u. U. welche der eliminierten Aufgaben von dieser/diesem zutreffend beantwortet wurde. Folglich ist der Maßstab für die Festlegung der individuellen Prüfungsleistung nicht der Prozentsatz richtig beantworteter Prüfungsaufgaben. So ist es auch hier durchaus möglich, dass sich für Kandidaten mit gleichem Anteil an richtig beantworteten Aufgaben unterschiedliche und/oder sich für Prüflinge mit unterschiedlichen relativen Aufgabenzahlen die gleiche Note ergeben. Maßgeblich hierfür ist, unter Berücksichtigung welcher Konstellation (wie viele, welche Aufgaben) die für eine/einen Kandidatin/Kandidaten ausschlaggebende Bestehensgrenze ermittelt wurde. Des Weiteren liegen allen Noten der schriftlichen Prüfungen Punktintervalle zugrunde, innerhalb derer die Prüfungsleistung mit derselben Note bewertet wird.


Die Berücksichtigung von richtig beantworteten, eliminierten Aufgaben zieht nicht automatisch eine verbesserte Note nach sich

Wie bereits ausgeführt, werden in der Praxis für alle Prüfungsteilnehmer, die bei den eliminierten Aufgaben eine der anerkannten Lösungen gewählt haben, diese als vertretbar bzw. zutreffend gewerteten Antworten im Rahmen der Vergleichsberechnung in die Bewertung einbezogen. Erreicht oder überschreitet die Prüfungsleistung eines Kandidaten durch die Berücksichtigung zutreffender Lösungen für die eliminierten Aufgaben die nächste Notengrenze, wird die Prüfungsleistung mit der besseren Note bewertet. Der Nachteilsausgleich führt nicht automatisch, sondern nur unter der Maßgabe des Erreichens oder Überschreitens der nächsten Notengrenze zu einer besseren Bewertung der Prüfungsleistung.

Die Berücksichtigung von eliminierten Aufgaben, deren Beantwortung als zutreffend gewertet wird, zieht selbst unter der Bedingung, dass die Punktzahl eines Teilnehmers am oberen Ende eines Punkteintervalls liegt, nicht unbedingt eine bessere Benotung nach sich. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass sich damit häufig auch die individuell berechneten Notengrenzen um die entsprechende Anzahl nach oben verschieben.